Wie kommt es zu einer Gehirnerschütterung?

Der genaue Unfallmechanismus, der zu einer Gehirnerschütterung führt, ist nicht bekannt. Das liegt daran, dass völlig unterschiedliche Krafteinwirkungen stattfinden können.

Die Verletzungsrichtung kann entlang einer gedachten geraden Linie vorliegen (lineare Krafteinwirkung), sie kann zu einer Drehbewegung des Kopfes und damit auch des Gehirns führen (Rotationsbewegung) oder, was am häufigsten ursächlich ist, eine kombinierte lineare und rotatorische Bewegung bewirken.

Prinzipiell werden zwei unterschiedliche Entstehungsmechanismen unterschieden:

  1. direkte Krafteinwirkung am Kopf: am Ort der Krafteinwirkung besteht die Gefahr einer lokalen Gehirnverletzung; die Kraft erschüttert das Gehirn, wie beim Anstoßen eines Wackelpuddings, sodass die Schwingung weitergeleitet wird und Gehirnanteile auf der dem Ort der Krafteinwirkung gegenüberliegenden Seite gegen den Knochen prallen und auch hier zu Verletzungen der Gehirnstrukturen führen können; zusätzlich können Verletzungen durch Scherbewegungen und Gewebeabbremsungen entlang der unregelmäßig geformten Schädelbasis und an den Verdickungen der Gehirnfaszien (Falx cerebri und Tentorium) auftreten, die die beiden Großhirnhälften trennen und das Großhirn vom Kleinhirn trennt;
  2. indirekte, fortgeleitete Krafteinwirkung auf den Kopf: der indirekte Erschütterungs-Mechanismus entsteht durch eine nicht am Kopf auftreffende Gewalt, die meist über den Körperstamm auf das Gehirn fortgeleitet wird; die Folgen sind dann, bis auf die lokale Verletzung, identisch zur direkten Krafteinwirkung.

Als Folge dieser Krafteinwirkungen auf das Gehirn können viele unterschiedliche Gehirnbewegungen im knöchernen Schädel resultieren (Schwingen des Gehirns im Schädel), was zu unterschiedlichen Verletzungslokalisationen am Gehirn führen kann. Die Art der beteiligten (verletzten) Hirnregionen kann die große Bandbreite zu beobachtender Symptome erklären.

Verletzungen im Gehirn sind bei der Gehirnerschütterung meist so gering ausgeprägt, dass sie mit den üblichen Bildverfahren in der Radiologie nicht sichtbar gemacht werden können. Trotzdem müssen immer Verletzungen der Nervenzellen des Gehirns und der kleinsten Blutgefäße angenommen werden. Diese Zellverletzungen führen zu komplexen Veränderungen an den Zellen, die Entzündungsreaktionen im Gewebe auslösen, chemische Veränderungen und die Zellernährung einschränken können.

Insbesondere die beschleunigenden Drehkräfte scheinen für die Entstehung von Gehirnerschütterungen ursächlich zu sein.

Aufgrund der irregulären Schädelbasis muss auch an eine Verletzung der Gehirnstrukturen in diesem Bereich gedacht werden. So werden z.B. hormonelle Fehlfunktionen durch Verletzungen der Hirnanhangdrüse nach Schädelhirnverletzungen aller Schweregrade in 28 % bis 69 % beobachtet.

Abb. 1: Mögliche lineare und rotatorische Komponenten der Gehirnbewegung im knöchernen Schädel