Eltern, aufgepasst! Die 4 verbreitesten Irrtümer über Gehirnerschütterungen

„Leider denken immer noch viele, dass eine Gehirnerschütterung immer mit Bewusstlosigkeit und Erinnerungsstörungen einhergeht“, kritisiert Dr. Axel Gänsslen, medizinischer Betreuer der Grizzly Adams Wolfsburg. Tatsächlich werde nur jeder Zehnte Betroffene ohnmächtig, nur jeder Vierte bis Fünfte habe Gedächtnislücken. Auch Übelkeit und Erbrechen können, müssen aber nicht auftreten. Außenstehende sollten auf Schwanken, einen leeren Blick und allgemeine Verwirrtheit als Symptome achten. Die häufigsten Zeichen einer Gehirnerschütterung sind Kopfschmerzen und Schwindel. Manch ein Kind wirkt auch erst Stunden später verändert - zum Beispiel launisch oder depressiv, auffallend müde oder überwach. Im Zweifel ab zum Arzt!

Eine gerade publizierte amerikanische Studie mit 66 jugendlichen Teilnehmern zeigte auf, dass die komplette Erholung im Schnitt drei bis vier Wochen dauert. „Und gerade bei Kindern und Jugendlichen ist das Gehirn nach dem Unfall über einen längeren Zeitraum anfälliger für erneute Traumata als bei Erwachsenen“, betont Dr. Andreas Eidenmüller, Praxis für Sport-Neuropsychologie in Würzburg. Eine zweite Gehirnerschütterung binnen weniger Wochen begünstigt Folgeschäden wie Konzentrationsstörungen, Anzeichen einer Depression oder anhaltende Kopfschmerzen. Darum gilt heute: Nach leichten Schädelhirnverletzungen sollten die Patienten langsam Schritt für Schritt in den Alltag zurückkehren. Richtwerte sind zwei bis vier Tage bis zum erneuten Schulbesuch, bei Sportlern 10 bis 14 Tage bis zur Rückkehr ins Match.

Ob beim Reiten, Fahrradfahren, Hockey oder Skifahren: Durch einen Aufprall oder Zusammenstoß kann es selbst mit Helm zu einer Gehirnerschütterung kommen. Bei Symptomen wie Kribbeln oder Taubheit in Armen oder Beinen, Sehstörungen, wiederholtem Erbrechen, Krampfanfällen, Nackenschmerz oder Bewusstlosigkeit am besten sofort in eine Unfallklinik!

Eine aktuelle Umfrage unter Eltern ergab: Erzieher und Lehrer bekommen einen Zusammenprall häufig nicht mit. Nicht jeder Ehrenamtliche im Breitensport kennt zudem die Symptome einer Gehirnerschütterung. Im Rahmen der Initiative „Schütz Deinen Kopf!“ sollen darum alle, die Kinder begleiten, zu Profis in diesem Bereich werden - mit Checklisten zur Diagnostik und zur Rückkehr in Alltag und Sport, mit Kontaktadressen von fachkundigen Ärzten und Neuropsychologen, in Veranstaltungen und Kursen. Aktuelle Informationen enthält die Homepage www.schuetzdeinenkopf.de. Der Schirmherr der Initiative, Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière, erklärt: „Ob Spitzensport, Breiten- oder Freizeitsport: Sportler, Trainer, Betreuer, Schiedsrichter, aber auch Angehörige und Fans stehen hier in der Verantwortung. Und gerade mit Blick auf die oftmals erheblichen und dauerhaften Spätfolgen ist es wichtig, dass sie mit der Thematik vertraut sind.“

 

Mythen und Fakten

Fakt: Gehirnerschütterungen können gerade bei Kindern längerfristig zu Problemen der Denkfunktion führen.

Fakt: Etwa 40 - 50 % aller Gehirnerschütterungen werden gar nicht als solche erkannt.

Fakt: Tatsächlich wird nur jeder zehnte Betroffene ohnmächtig, nur jeder vierte bis fünfte Betroffene hat Gedächtnislücken.

Fakt: Die sofortige Sport-Wiederaufnahme ist gefährlich, weil das Risiko einer Zweitverletzung deutlich erhöht ist.

Fakt: Den Gehirnzellen sollte mindestens eine Woche Erholung gegeben werden. Richtwerte sind zwei bis vier Tage bis zum erneuten Schulbesuch, bei Sportlern 10 bis 14 Tage bis zur Rückkehr ins Match.

Fakt: Gehirnerschütterungen beeinträchtigen die neurologische Funktion des Gehirns, die mittels CT oder MRT nicht sichtbar gemacht werden kann.
Ein struktureller Schaden (Blutung usw.) liegt nur extrem selten vor.

Fakt: Wenn ein Arzt eine schwere Hirnverletzung ausgeschlossen hat, kann das Kind so viel wie nötig schlafen. 

Fakt: Gerade Kinder und Jugendliche benötigen oft eine längere Heilungsphase als Erwachsene.

Fakt: Schmerz lässt Dich nicht gewinnen! Der Körper braucht seine Energie zur Heilung der Hirnzellen und nicht für den Sport. Die Heilung kann sich deshalb verzögern.